Archiv
Die vorrangigen Aufgaben des Archivs am Greisinghof sind die Bewahrung, Erforschung und Veröffentlichung der marianistischen Geschichte und Spiritualität.
Ein besonderer Schwerpunkt ist zudem die Erinnerungsarbeit um den Seligen Jakob Gapp SM (1897-1943) und den kirchlichen Widerstand während der NS-Zeit.
Für externe ForscherInnen ist das Archiv geöffnet, für Auskünfte und Terminanfragen wenden sie sich an Archivar Mag. Martin Kolozs; Mail: archiv@marianisten.at
HISTORIAE – Geschichten aus dem Archiv
Historiae Nr. 1: Zwei Priester im Widerstand gegen Hitler
Enthüllung der Gedenktafel
Seliger Pater Jakob Gapp (1897–1943)
und Kaplan Heinrich Maier (1908–1945)
Zwei Priester im Widerstand gegen Hitler
Am 7. Mai 2025 wird in der Kapelle der Albertus-Magnus-Schule Wien eine steinerne Gedenktafel zur Erinnerung an Leben und Martyrium der beiden Priester und Widerstandskämpfer Pater Jakob Gapp SM und Kaplan Heinrich Maier enthüllt. Über ihre Biografien informiert Martin Kolozs
Trotz anfänglicher, irregeleiteter Vermittlungs- bzw. Annäherungsversuche zwischen dem NS-Regime (1933–1945) und der römisch-katholischen Kirche wurde die gene-relle Unvereinbarkeit der menschenverachtenden Nazi-Ideologie und des Christentums bald offensichtlich und zur beiderseitigen Überzeugung. Bald setzten daher Unterdrückung und Verfolgung des geistlichen Standes durch die nationalsozialistischen Machthaber im Großdeutschen Reich ein, wobei sich manche Ordensleute und Priester als wahre Widerstandskämpfer und ebenso unermüdliche wie erbit-terte Gegner des selbsternannten Führers Adolf Hitler (1889–1945) zeigten, indem sie ihr Glaubensbekenntnis mit dem Märtyrertod in der Nachfolge Christi bewiesen.
Pater Jakob Gapp, ein widerständiger Marianist
Jakob Gapp kam am 26. Juli 1897 in Wattens (Tirol) zur Welt, wo er in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs. Durch Unterstützung des Pfarrers seiner Heimatgemeinde konnte er das Gymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol besuchen. Allerdings brach 1914 der Erste Weltkrieg aus und Jakob Gapp kam an die Front. Hier zeichnete er sich durch besonderen Mut aus und wurde im Einsatz verwundet. Er kam 1918 in Kriegsgefangenschaft, aus welcher er ein Jahr später nach Hause zurückkehrte. Er absolvierte seinen Schulabschluss und trat 1920 in die Gesellschaft Mariä ein. Nachdem er 1925 seine ewigen Gelübde abgelegt und 1930 zum Priester geweiht wurde, war Pater Jakob Gapp in verschiedenen Funktionen tätig und wirkte in den Niederlassungen bzw. Schulen der Marianisten, u. a. in Freistadt, Lanzenkirchen und Graz. Schon früh begann er sich mit dem aufkommenden Nationalsozialismus zu beschäftigen, dessen Unvereinbarkeit mit dem Christentum er erkannt hatte. Dieser Überzeugung folgend sprach er sich offen gegen den fanatischen Führerkult und die gesamte menschenverachtende, rassistische Ideologie aus und wurde deswegen von der Gestapo bespitzelt. Nach einer NS-kritischen Predigt zu Weihnachten
1938 drohte ihm die Verhaftung, und er floh über Frankreich nach Spanien, wo er in den Häusern der Marianisten unterschiedlich eingesetzt wurde, und er weiterhin energisch gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime auftrat: „Ich hoffe und bete, dass die Vorsehung den Nationalsozialismus zu Boden schmettert.“1
1942 plante Pater Jakob Gapp, der „kein feiger Hund sein“ wollte, nach Österreich zurückkehren. Bei dem Versuch wurde er von einem NS-Kollaborateur in einen Hin-terhalt gelockt und an der spanisch-französischen Grenze verhaftet. Von dort überstellte man ihn nach Berlin, wo man ihn verhörte und unter schrecklichen Bedingun-gen inhaftierte, bevor er, am 2. Juli 1943, verurteilt wurde:
Der Angeklagte Jakob Gapp hat jahrelang kurz vor dem Kriege und im Krieg bis Ende 1942 in Frankreich, Spanien und einem englischen Konsul gegenüber planmäßig und absichtlich öffentlich und privat bei Freund und Feind gegen das nationalsozialistische Wesen seines eigenen, unseres deutschen Volkes und Reichs gehetzt und unseren Kriegsfeinden dadurch geholfen […] Er wird deshalb mit dem Tode bestraft. Er ist für immer ehrlos.2
Dieses Unrechtsurteil wurde am 13. August 1943 – dreiundzwanzig Jahre, auf den Tag genau, nach Jakob Gapps Eintritt bei den Marianisten – in Berlin-Plötzensee aus-geführt. Der Gefängnisseelsorger Peter Buchholz schrieb darüber in seinen Memoi-ren: „Wenn ich Ihnen nun aus seinen letzten Wochen oder Tagen etwas sagen soll, so kann ich Ihnen versichern, dass er sein Schicksal mit bester Haltung trug und dem Tode mit aufrichtiger Ergebung in Gottes heiligen Willen, ja ich möchte sagen, mit einer gewissen Freudigkeit entgegensah. […] So war der Tod für ihn keine schmerzliche Trennung von der Erde, sondern ein freudiger Hingang zu Gott. […] Ich glaube, wir brauchen nicht für ihn zu beten, sondern wir können durch ihn Gott bitten, dass er uns zu einer seligen Sterbestunde Kraft und Gnade gebe.“3 – Pater Jakob Gapp wurde 1996 in Rom seliggesprochen.
Kaplan Heinrich Maier, ein Priester im Widerstand
Heinrich Maier wurde am 16. Februar 1908 in Großweikersdorf (Niederösterreich) geboren und durchlief seine Schullaufbahn in St. Pölten und Leoben, wo er 1926 maturierte. Im selben Jahr trat er in das Priesterseminar in Wien ein und studierte zuerst an der hiesigen Universität und ab 1928 in Rom. 1932 wurde er zum Priester geweiht und war fortan als Kaplan und Religionslehrer tätig, so in der Pfarre Gersthof in Wien-Währing und am Albertus-Magnus-Gymnasium der Marianisten:
Von meinen Lehrern in der Albertus-Magnus-Schule in der Semperstraße [18. Wiener Gemeindebezirk] hat einer den tiefsten Eindruck hinterlassen: Heinrich Maier – damals mit 29 Jahren der jüngste unter ihnen. Er hat uns demonstriert, was es bedeutet, das Gewissen als die für den mündigen Menschen entscheidende Instanz zu akzeptieren und – im vollen Sinne des Wortes! – seinen Kopf dafür hinzuhalten.4
Als Österreich 1938 an Hitler-Deutschland angeschlossen wurde, zeigte sich auch durch konkrete Maßnahmen gegen Einrichtungen der Kirche und Ordensgemeinschaften die Unvereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus, und eine „Entkonfessionalisierung der Erziehung in der Ostmark“5 begann. Infolgedessen verlor Kaplan Heinrich Maier seine Anstellung als Katechet und suchte Anschluss zum katholischen Widerstand. In Franz Josef Messner (1896–1945), der in der Nähe der Pfarrkirche Gersthof wohnte, und Walter Caldonazzi (1916–1945) fand er Gleichgesinnte, die sich für ein freies Österreich und den Niedergang der NS-Regimes engagieren wollten. Dafür suchten sie mit ihren Mitstreitern (Andreas Hofer, geb. 1915; Ludwig Ennemoser, geb. 1919; Herbert Adelsberger, geb. 1913; Josef Riccabona, geb. 1912; Theodor Legradi, geb. 1880; Josef Wyhnal, geb. 1903; Hermann Klepell, geb. 1918; Wilhelm Ritsch, geb. 1915; Karl Fulterer, geb. 1912; Clemens Pausinger; 1908) Kontakt zu den alliierten Streitkräften, denen sie strategische Informationen weitergeben wollten, bzw. verteilten „staatsfeindliche Flugblätter“6.
Anfang 1944 wurde die „reaktionäre Gruppe […], deren Angehörige sich die Wiedererrichtung eines selbständigen Österreich unter Einbeziehung Bayerns und Süd-tirols zum Ziele gesetzt hatten“ jedoch von der Gestapo aufgedeckt und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“7 angeklagt. Kaplan Heinrich Maier wurde am 28. Oktober 1944 zum Tode verurteilt und am 22. März 1945, zusammen mit Hermann Klep-pel und Josef Wyhnal, in der Untersuchungshaftanstalt Wien I unter dem Fallbeil hingerichtet.8 – Ihm zu Ehren wurde 1990 eine Gedenkstatue in der Pfarrkirche St. Leopold-Gersthof gestiftet.
Die neue Gedenktafel in der Albertus-Magnus-Schule in Wien ist diesen beiden mutigen und glaubenstreuen Priestern gewidmet. Der Festakt der Enthüllung, am 7. Mai 2025, um 18 Uhr, bietet folgende Veranstaltungspunkte:
· Begrüßung durch Direktor Herwig Födermayr
· Grußworte von Martha Mikulka, Geschäftsführerin der Vereinigung von Ordensschulen Österreichs
· Hinführung zu Leben und Martyrium von Pater Jakob Gapp und Kaplan Heinrich Maier durch den Bildungsbeauftragen der Marianisten Benedikt Wenzel
· Lesung von Johannes Wais
· Segnung der Gedenktafel durch den Regionaloberen der Marianisten, P. Helmut Brandstetter SM und die Assistenten der Generalleitung P. Pablo Rambauld SM und Br. Dennis Bautista SM
· Beiträge der Schüler:innenvertretung
· Musikalische Begleitung unter der Leitung von Michael Wahlmüller
· Agape
Quellen
Kolozs: Für Christus zu leiden ist eine Ehre, Wien 2022
Kempner: Priester vor Hitlers Tribunalen, München 1996
Hecht, Rauch, Rodt: Geköpft für Christus und Österreich, Wien 1996
Anhell, Hager (Hrsg.): Kirche unter dem Nationalsozialismus, Wien 1988
Schmitz: Heinrich Maier – Ein Christ, der seinem Gewissen gehorchte, o. J.
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Martin Kolozs
Archiv der Marianisten Tragwein
Region Österreich-Deutschland